David Renggli
Leihgabe ans Nichts
22. Oktober - 3. Dezember 2006
David Rengglis Installationen und Fotografien zeigen Situationen, denen bei allem Irritationspotential eine eigentümliche Plausibilität eignet. Ein vornüber gekippter Stuhl, auf dessen zwei in die Höhe ragenden Stuhlbeinen je ein Damenschuh steckt, klingt als Beschreibung wenig dramatisch, doch entwickelt dasselbe als Bild eine unglaubliche und geradezu narrative Evidenz.
Auch die Auswahl von neuen Arbeiten, die David Renggli in der Kunsthalle zeigt, stellt den visuellen und kognitiven Wahrnehmungsapparat immer wieder neu auf die Probe. Physische Konstanten menschlicher Wahrnehmung spielen dabei ebenso eine Rolle wie Veränderungen des Wahrnehmbaren. Im Oberlichtsaal etwa sorgt ein riesiges Objekt mit einer ausgeklügelten Mechanik für einen scheinbaren Sprung der Wahrnehmung; vergleichbar dem ruckartigen Effekt eines Films, aus dem eine Bildsequenz herausgeschnitten wurde. Dieser Effekt, der durch die Digitalisierung mittlerweile ohne grossen Aufwand und jederzeit anwendbar geworden sind, lässt Renggli mechanisch entstehen. Der dazu notwendige Aufwand ist im Vergleich zum Kurzbefehl im Videoschnittprogramm geradezu lächerlich, doch während der Vorgang im Computer für den User unverstehbar bleibt, ist er in Rengglis Arbeiten als einfache mechanische Abfolge für jedermann nachvollziehbar. Renggli rekonstruiert eine mediale Illusion mit mechanischen Mitteln, womit er sie gleichzeitig dekonstruiert: als reale Tatsache ist die Illusion plötzlich Wirklichkeit geworden.
Oliver Kielmayer