Dezemberausstellung: Überblick 2025
Georg Aerni, Lyn Bentschik, bittelangsam, Dave Bopp, Céline Brunko, Christoph Eisenring, Gregor Frehner, Duri Galler, Nicola Grabiele, Rafael Grassi, Corinne Güdemann, Marc Héron, Sarah Hablützel, Luca Harlacher, Katharina Henking, Jenny Hitz, Maureen Kägi, Stefanie Kägi, Enrique Lanz Jiménez, Valentin Magaro, Jill Winnie Moser, Johanna Müller, Stephan Viktor Müller, Thi My Lien Nguyen, Christoph Rütimann, Laura Schoch, Bruno Streich, Guido Vorburger, Theres Wey

23. November 2025 – 4. Januar 2026
Eröffnung Samstag, 22. November ab 17 Uhr

 

Dezemberausstellung: Überblick 2025, Kunsthalle Winterthur, 2025. Foto: Reto Kaufmann

Dezemberausstellung: Überblick 2025, Kunsthalle Winterthur, 2025. Foto: Reto Kaufmann

Dezemberausstellung: Überblick 2025, Kunsthalle Winterthur, 2025. Foto: Reto Kaufmann

Dezemberausstellung: Überblick 2025, Kunsthalle Winterthur, 2025. Foto: Reto Kaufmann

Dezemberausstellung: Überblick 2025, Kunsthalle Winterthur, 2025. Foto: Reto Kaufmann

Dezemberausstellung: Überblick 2025, Kunsthalle Winterthur, 2025. Foto: Reto Kaufmann

Dezemberausstellung: Überblick 2025, Kunsthalle Winterthur, 2025. Foto: Reto Kaufmann

Dezemberausstellung: Überblick 2025, Kunsthalle Winterthur, 2025. Foto: Reto Kaufmann

Dezemberausstellung: Überblick 2025, Kunsthalle Winterthur, 2025. Foto: Reto Kaufmann

Dezemberausstellung: Überblick 2025, Kunsthalle Winterthur, 2025. Foto: Reto Kaufmann

Ab dem 22. November sind im Kunst Museum Winterthur und in der Kunsthalle Winterthur anlässlich der Dezemberausstellung: Überblick 2025 Werke von 29 Kunstschaffenden mit Bezug zur Region Winterthur zu sehen. Eine Fachjury wählte diese aus rund 120 Bewerbungen aus. Anlässlich der Vernissage wurde der mit CHF 10’000.- dotierte Preis des Galerieverein, Freunde Kunst Museum Winterthur übergeben. Wir gratulieren Thi My Lien Nguyen herzlich zur Auszeichnung!

Die Dezemberausstellung: Überblick 2025 wird gemeinsam vom Kunst Museum Winterthur, der Kunsthalle Winterthur und der Künstler:innengruppe Winterthur organisiert. Dabei handelt es sich um eine jurierte Auswahl von Kunstschaffenden. Mit 120 eingereichten Dossiers war das Interesse erfreulich gross. Unter den Bewerbungen befanden sich zahlreiche neue sowie jüngere Künstlerinnen und Künstler, die sich zum ersten Mal bewarben. Die Jahrgänge der Bewerber:innen reichte von 1940 bis 2002. Die Vielfalt der vertretenen Gattungen war beeindruckend. Videos haben sich inzwischen fest etabliert, während Performances weiterhin nur vereinzelt eingereicht werden. Die Jury stellte eine Tendenz zu formaler Kunst fest. Tagespolitische oder gesellschaftlich relevante Themen wurden hingegen nur selten explizit aufgegriffen. Gleichwohl spiegelt sich in vielen Arbeiten eine spürbar düsterere Grundstimmung wider, die dem aktuellen Zeitgeschehen Rechnung trägt. Im Sinne des Fördergedankens richtete die Jury ihren Fokus einerseits auf eine jüngere Generation und andererseits auf Kunstschaffende, die durch innovative Ideen und eine Weiterentwicklung ihres Werks aufgefallen sind.

Die Jury, bestehend aus Bob Gramsma (Künstler), Lynn Kost (Kurator Kunst Museum Winterthur) und Geraldine Tedder (Direktorin Kunsthalle Winterthur), wählte aus den Eingaben 29 Kunstschaffende aus.

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Georg Aerni
Georg Aerni (*1959) ist ein Architekturfotograf, der zusätzlich mit dem Medium Fotografie eine vielschichtige künstlerische Praxis entwickelt hat. Mit präzisem Blick untersucht er die Schnittstellen zwischen gebauter Umwelt und Natur und regt dazu an, Veränderungsprozesse im städtischen wie im ländlichen Raum wahrzunehmen. Seine Arbeit verzichtet auf die Inszenierung des Spektakulären; vielmehr dokumentiert er das stille Nebeneinander von Ordnung und Zufall. Diese Gleichzeitigkeit und die Temporalität von Kultur und Natur ist auch in der Serie Tessuto (2024) evident. Hier eröffnet Aerni Räume, die in ihrer Wandelbarkeit und Vielschichtigkeit sichtbar werden und dazu anregen, unsere Wahrnehmung des Alltäglichen zu schärfen. 

Lyn Bentschik
Lyn Bentschik (*1992) begleitet die Besucher:innen bei der Eröffnung der Dezemberausstellung von der Kunsthalle Winterthur zum Kunst Museum Winterthur in einem neon-gelben, genoppten Ganzkörperanzug. Resilient 2.0 ist der Titel der Performance. Sie handelt von der inneren Widerstandsfähigkeit inmitten äusserer Reizüberflutung. Der Anzug ist mit Ohrenstöpsel übersät, die Figur bewegt sich langsam zwischen den Menschen und begegnet ihnen wiederholt direkt. Stille wird hier als Strategie, als bewusste Form der Präsenz untersucht, gleichzeitig wird eine Kritik am ständigen Lärm – sowohl im wortwörtlichen als auch im übertragenen Sinne – ausgeübt. 

Corinne Güdemann
Die drei ausgestellten Arbeiten von Corinne Güdemann (*1960) zeigen Szenen im Aussenraum. Teich (2024) und Terrasse (2024) stellen belebte Orte dar, die wie Momentaufnahmen während eines Spaziergangs durch einen Stadtpark oder wie Aufzeichnungen einer Erinnerung an einen festlichen Abend wirken. Dachlandschaft (2025) hingegen zeigt einen ruhigeren Ausblick über die Dächer einer Stadt. Bei allen Werken fällt Güdemanns Spiel mit Licht und Schatten sowie die malerische Technik des Verschleierns auf, die den Szenen etwas Träumerisches, Tiefe und eine intimite Atmosphäre verleihen. Es sind alltägliche Motive, die wir hier vorfinden, solche, die die Realität verwischen und – im Gegensatz zu ihren direkten Titeln – das Poetische darin aufspüren. 

Sarah Hablützel
Die Arbeit BLAUE BLUMEN (2025) von Sarah Hablützel (*1986) nimmt eine aussergewöhnliche Situation als Ausgangspunkt: Die Künstlerin und ihre Filmcrew drehen in einem BDSM-Hotel. Was zunächst als Erforschung dieses Orts erscheint, entfaltet sich zunehmend als Experimentierfeld für den Dreh selbst und die Dynamiken zwischen den Beteiligten. Hablützels künstlerisches Schaffen kreist immer wieder um das Zusammenwirken von Körper, Sprache und Macht – und um ungewisse Situationen, in die sie sich als Künstlerin bewusst begibt. Genau darin liegt die eigentliche Thematik des Films: wie Regie geführt und kommuniziert wird, und emotionale Befindlichkeiten dabei sichtbar werden. 

Jenny Hitz
Verwurzelt in der Herkunft ihrer Familie aus der Isan-Region im Nordosten Thailands, verbindet Jenny Hitz’ (*2001) künstlerische Praxis Folklore, mythologische Erzählungen und Aberglauben mit Einflüssen der Popkultur – von Internettrends und Low-Poly-Videospiel Ästhetiken bis zu Traumlandschaften, populäre Figuren und Anime. Ihre Arbeiten verflechten diese Rituale mit dem Gefüge des Alltags und eröffnen ein Wechselspiel zwischen Realität und geisterhafter Märchenwelt. Karma flavoured conversations (2025) thematisiert das Erwachsenwerden durch ein Portal, inspiriert von einer dämonischen Figur, wie man sie als Wächter an Tempeln findet. May my grace shine bright (2025) richtet den Blick auf jene, die das Ritual beobachten. Die beiden Gemälde bilden einen Dialog: Das eine drängt neugierig nach Veränderung, das andere flüstert Verständnis und Respekt für das Ungesagte. 

Stefanie Kägi
Die geflochtene Leinwand, direkt im Titel ins Englische als Woven Painting (2025) übersetzt, führt Stefanie Kägis (*1987) Interesse an der Auslotung und Erweiterung der medialen Eigenschaften der Malerei weiter. Kägi verwendet gescheiterte Gemälde – Arbeiten, die ihren ästhetischen Anspürchen nicht genügen oder an materielle Grenzen stossen – und verwebt sie, teils auch deren Rückseiten, zu einem neuen Ganzen. So entsteht eine Collage, ein Textil, in dem Scheitern zu einem integralen Bestandteil des Prozesses wird. Kägi knüpft damit an die Collage als historisches Medium der Gegenüberstellung, des Handwerks und der Arbeit mit gefundenden Material an, ebenso wie an die Idee, die Malerei durch die Verarbeitung ihrer physischen Struktur in Richtung Skulptur zu erweitern.

Valentin Magaro
Wer die Zeichnungen, Drucke und Malereien von Valentin Magaro (*1972) kennt, weiss, dass Farbe meist ein wichtiges Gestaltungsmittel für den Künstler ist. Die 4,20 m lange Schwarz-Weiss Zeichnung, die wir hier zeigen, mag auf den ersten Blick deshalb überraschen. Magaros Bildsprache aber ist unverkennbar: Auch in diesem Werk prallen dicht mit Symbolik aufgeladene Welten in gerafften Räumen aufeinander. Erzählt werden die Geschichten zweier Figuren, die von links nach rechts und von rechts nach links gelesen werden können und sich in der Mitte der Länge treffen. Es sind die Leben zweier Freund:innen von Magaro: einer thailändische trans Frau, die in der Schweiz als Sexarbeiter:in arbeitet, und eines Organisten, der sich erst nach dem Austritt aus der antroposophischen Sekte, in der er aufwuchs, als homosexuell bekennen konnte. In ihrer eigenen Hälfte der Zeichnung als Protagonist:innen dargestellt, erscheinen sie im Leben der jeweils anderen Person als Statist:innen. 

Johanna Müller
Johanna Müller (*1990) interessiert sich für das Verhältnis zwischen digitalem Raum und Nutzer:in sowie deren Wechselwirkungen. Das Internet gilt für sie nicht als Konkurrenz zum physischen Alltag, sondern als dessen integraler Bestandteil; Fiktion und Realität verschmelzen. Durch Fabulieren und Spekulieren hinterfragt sie vorherrschende gesellschaftliche Narrative und ordnet vertraute Denkmuster in neue Zusammenhänge ein. Zentral dabei ist die Collage: Als selbsternannte Flâneurin sammelt sie digital wie analog Material, das sie mittels «Cut & Paste» transformiert. So entstehen Bühnen, auf denen Figuren, Räume und Bedeutungen ineinanderfliessen. Prouvez vortre amour (Protest Quilt) (2025) erzählt davon, was geschieht, wenn eine Liebesgeschichte bürokratisch nachgewiesen werden muss, und verwebt persönliche Erinnerung mit Verwaltung und Kontrolle. 

Stephan Viktor Müller
Das Werk von Stephan Viktor Müller (*1959) umfasst Skulptur, Malerei und Objektkunst. Seit den 1980er-Jahren stellt er den Menschen und dessen existenzielle Erfahrung, Verletzlichkeit und Brüchigkeit in den Fokus. Während frühe Arbeiten sich mit expressiven Zusammenstellungen auseinandersetzen, entwickelt sich sein künstlerischer Ansatz mit der Zeit und bringt komplexe Formen mit architektonischem Einfluss hervor. Zusätzlich dienen frühkolumbianische Kulturen als Inspirationsquelle und Alltagsgegenstände als Ausgangspunkt skulpturaler Untersuchungen. Seine Arbeiten sind vieldeutig und bewegen sich zwischen Traum und Nüchternheit. Das vier Jahrzehnte umfassende Oeuvre wurde 2024 in einer Monografie publiziert. 

Eugen del Negro
Eugen Del Negros Schaffen (*1936, Winterthur; † 2025) war geprägt von einem Wechsel zwischen Techniken, Materialien und Ausdrucksformen, der seiner Arbeit eine besondere Lebendigkeit verleiht. Seine Werke bewegen sich zwischen figürlichen Ansätzen der frühen Jahre und einer zunehmend reduzierten, oft abstrakten Bildsprache. Zentral war für ihn die Suche nach einem „inneren Ort“, den er durch Form, Rhythmus und Farbe sichtbar machte. In der Ausstellung sehen wir Wirbel (1995), ein, wie der Titel es aufnimmt, bewegtes und kraftvolles Bild. Viele seiner Arbeiten entstanden in Zyklen, in denen Gegensätze wie Ruhe und Expressivität aufeinandertreffen. 

Thi My Lien Nguyen
Das fotografische Tryptichon der Künstlerin Thi My Lien Nguyen (*1995) zeigt drei Nahaufnahmen aus Ahnenritualen, die die Künstlerin auf verschiedenen Reisen aufgenommen hat. Die Grösse der Drucke sowie die Tiefe ihrer Farben verleihen dem Dargestellten eine Bedeutung, die imponiert. Gleichzeitig betont Nguyen das Feinsinnige – Rauch, Nebel und Feuer werden in den Fokus gerückt. Auch die Entscheidung, den Papierdruck ungerahmt mit Klammern an die Wand zu hängen, ist eine für das Flüchtige und für eine Direktheit, die Erinnerung und geradlinige Dokumentation der Rituale zugunsten von Eindruck und Atmosphäre ersetzt. Der Titel der Arbeit – Gestures of Return I–III (2025) – verweist sowohl auf die Ahnenrituale als auch auf eine autobiografische Auseinanderstzung mit der eigenen Wahrnehmung des Gedächtnisses. 

Laura Schoch
Die Zeichnungen von Laura Schoch (*1995) zeigen zwei mysteriöse Figuren und drei kleinere Darstellungen industrieller Orte. Es sind düstere Szenen, die an Filmstills oder ein Storyboard erinnern – eine Geschichte wird hier angedeutet, über deren Narrativ wir aber im Dunklen gelassen werden. Ein Interesse an Arbeit – an Fabriken, an Uniformen – ist erkennbar. Kurztexte begleiten oft den Zeichnungsprozess von Schoch, sodass mehrdeutige Erzählformen entstehen – einen Ansatz, der sich in den fragmentarischen Bildausschnitten und in der Anordnung der Zeichnugnen weiterspinnt.

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Broschüre