Gianin Conrad
Usum
5. Juli – 6. September 2015
Gianin Conrad (*1979, lebt und arbeitet in Winterthur und Chur) präsentiert neue Arbeiten, die sich auf charmante Weise der Unterscheidung zwischen Kunstwerk und Gebrauchsgegenstand entziehen: Mit ihren eigenwilligen Exponaten verschmelzende Vitrinen; monströse Tonskulpturen, die zu ihrer Pflege stets bewässert werden müssen; und nicht zuletzt präzise Imitate farbiger Frottiertücher aus Terrakotta, die selbstvergessen in einer Ecke oder auf einem halbfertigen Torso ruhen. Die Schaukästen im Oberlichtsaal, meistens aus Dachlatten oder zugeschnittenen Ästen gefertigt, irritieren zum einen durch die zur Schau gestellten Objekte, zum anderen durch ihre auf Selbstinszenierung hin ausgerichtete Konstruktion. Sie sind nicht nur Rahmung, sondern immer auch eigenständiges Raumbild und thematisieren derart die museale Geste des Zeigens als Verhältnis zwischen Kunstwerk und Display. Im Seitenlichtsaal überraschen frische Volumen: Eine monströse Arbeit aus noch feuchtem oder nur teilweise getrocknetem Ton hat sich hier zu einem rätselhaften Tête-à-Tête mit bemalten Kleinskulpturen aus Terrakotta verabredet. Die Terrakotten assoziieren zivilisierte Bestandteile des kultivierten Wohnraums, persiflieren aber als nur mit wenigen Handgriffen geformte Torsi und Büsten die traditionelle Bildhauerei von Antike und Renaissance. In ihrer nonchalanten Ausformulierung erinnern sie an Modellierkurse für Laien: Dort wird die anatomisch korrekte Wiedergabe menschlicher Körper bis heute als Ideal bildhauerischer Praxis geübt, ein Abweichen davon allerdings oft als Defizit verstanden.
Joëlle Menzi