Timur Si-Qin

 
 
 

Ecotone Dawn

9. Juli – 17. September 2023

Mit dem Titel Ecotone Dawn verweist Timur Si-Qin (*1984, lebt und arbeitet in New York) auf das sogenannte Ökoton, womit in der Ökologie der Übergangsbereich zwischen zwei verschiedenen Ökosystemen oder Biotoptypen bezeichnet wird; typische Ökotone sind beispielsweise Waldränder oder auch Uferzonen. Die Beschaffenheit der eigentlichen Trennung oder Grenze ist dabei in vielfältiger Art und Weise möglich: Durchlässigkeit und Interaktion sind variabel, doch gilt für Ökotone insgesamt, dass sie sich durch eine gesteigerte biologische Vielfalt auszeichnen. Die Scharnier- und Interaktionsfunktion von Ökotonen ist im Hinblick auf die Artenvielfalt zwar positiv, doch gibt es eine Kehrseite: Der Klimawandel beispielsweise umfasst nicht nur immer mehr Ökosysteme auf der Erde, sondern setzt sich über die jeweiligen Ökotone auch in benachbarten Ökosystemen fort.
Im tageslichthellen Oberlichtsaal friert Timur Si-Qin in den vier extrem querformatigen Leuchtkästen von Sharaan Sunbreak (2023) einen Sonnenuntergang in der Wüste ein: Genauer handelt es sich um ein gerendertes Panorama, das mithilfe von Originalaufnahmen der saudiarabischen Oase al-'Ula entstanden ist. Dazu gesellt sich in der Raummitte Etching the Path to the Sea Within (2023), der 3D-Druck eines gescannten Baumstrunks, der sich in Thailand entlang eines Pilgerweges befindet. Verschiedene Botschaften, die daran vorbeikommende Menschen in die Rinde geritzt haben, werden vom Künstler ebenso stehengelassen wie Hilfsstege, die für die Stabilität im 3D-Druck notwendig sind und an Gusskanäle traditioneller Skulpturen erinnern: Sie wurden nicht wie üblich entfernt und verschliffen, sondern Teile der Skulptur. Natürlich geht damit ein Hinweis auf den eigenen skulpturalen Herstellungsprozess einher, noch spannender ist jedoch die Verschmelzung von Wurzelauswüchsen und technischen Hilfsstrukturen zu einem cyborgartigen Hybrid.
Die mystische Stimmung, die im hellen Oberlichtsaal herrscht, verlängert sich in den abgedunkelten Seitenlichtsaal hinein. Vier Prints der Serie Natural Origin (2023) zeigen Ausschnitte, die von einem besonders schön gewachsenen Waldstück abfotografiert zu sein scheinen, doch handelt es sich in Wahrheit um Aufnahmen virtueller Kameras in einem vom Künstler modellierten 3D-Rendering. Dieses Rendering wiederum ist nicht einfach eine visuell austarierte Komposition digitalisierter Natur (die übrigens der Flora und Fauna von Upstate New York entnommen wurde), sondern eine Simulation eines gesamten kleinen Ökosystems. Die Vielschichtigkeit, die zu den bukolischen Bildmotiven führt, wird noch einmal durch Schattenspiele sich bewegender Blätter erweitert, die als Projektion über die vier Bilder geworfen werden.

Die Ausstellung wird unterstützt von: Société, Berlin, Magician Space, Peking.