Jaime Gili

 
 
 

Bill at Pittier

11. Oktober - 22. November 2009

Jaime Gilis grossformatige Acrylmalereien bestechen durch explosionsartig angeordnete geometrische Bildkörper, welche den Blick des Betrachters im Geflecht der Teile gefangen halten oder ihn gerade umgekehrt in einer ungeheuren Dynamik aus dem Bild hinaus katapultieren. Die vibrierende Wirkung wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass Gili seine Tafelbilder gerne vor in ähnlicher Weise gestalteten Tapeten oder Wandmalereien präsentiert. Das Resultat ist ein in sich bewegtes und bewegendes Ganzes, ein pulsierender kristalliner Organismus, in dem sich die Einzelteile mit jeder Bewegung kaleidoskopartig verschieben. Der Hintergrund der Ausstellung in der Kunsthalle bilden die Lebenswerke zweier Schweizer; Max Bill, der die Kunst- und Designavantgarde seit den 1950er Jahren prägte, einerseits, andererseits der Naturforscher und Biologe Henri Pittier (1857-1950), der die Tropen Venezuelas erforschte und dem ersten grossen Nationalpark dort seinen Namen gab. Die wilde Landschaft, welche einer unüberschaubaren Vielfalt von Pflanzen und Tieren einen Lebensraum bietet, steht für Gili dem von der Form beherrschten Universum Bills diametral gegenüber; doch es ist die in der Verknüpfung dieser Universen liegende Spannung, die ihn über die Möglichkeit einer Abstraktion der Tropen nachdenken lässt. Unter dem Aspekt der abstrakten Tropen kann man die raumgreifende Installation als eine Art abstrakten Landschaftsgarten verstehen, der wie seine englischen Vorläufer auf bestimmte Aussichtspunkte, also aufs Tableaux hin konzipiert wird. Die grossformatigen Malereien sind dabei einerseits integrale Bestandteile dieses Dickichts aus grafisch gestalteten Tapeten, andererseits treten sie daraus solitär und autonom wieder hervor.

Joëlle Menzi