Susanne Kriemann

 
 
 

21. August – 25. September 2011

Susanne Kriemann komponiert ihre Arbeiten entlang einer gesellschaftlichen und historischen Recherche; Fotomaterial aus Archiven wird zu einer Bildbehauptung der Gegenwart oder dient als Ausgangspunkt zu eigenen Aufnahmen. Die jeweils generierten Bildkonvolute ergeben sich durch visuelle Assoziationen oder formale Analogien, gleichzeitig jedoch auch durch Inhalte, die mit der Entstehung der historischen Bilder in Zusammenhang stehen. In der Ausstellung zeigt Susanne Kriemann zwei umfangreiche Fotoinstallationen. One Time One Million (2009) ist ein begehbares Panoptikum, in dem Sachaufnahmen eines originalen Hasselblad-Fotoapparates auf  Fotos von Vögeln, Vogelschwärmen und Luftaufnahmen einer schwedischen Wohnungssiedlung treffen. Die Bilder bilden ein suggestives, visuelles Beziehungsgeflecht, stehen jedoch gleichzeitig in einem inhaltlichen Zusammenhang: Hasselblad war selber ein begeisterter Ornithologe und fotografierte immer wieder Vögel und Vogelschwärme. Das Thema der Migration wiederum verklammert die Zugvögel mit den Luftaufnahmen der Siedlungen, die in den 1970er Jahren für schwedische Arbeiterfamilien gebaut wurden und sehr bald zu Ghettos von Wirtschafts- und Kriegsflüchtlingen mutierten. In ihrer neuesten Arbeit Untitled (A Silent Crazy Jungle under Glass) (2011) verschränkt Kriemann historische Formfindungen der Abstraktion mit einer Thematik, die in ihrer künstlerischen Auseinandersetzung seit langem zentral ist: mit dem Archiv. Spannend sind dabei vor allem Fragen des Realitätsbezugs; beim Archiv ist er das Erstrebenswerte, bei der Fotografie das Notwendige und bei der Abstraktion schliesslich das zu Eliminierende. Ausgehend von visuellen Analogien zwischen Archiv und Abstraktion werden die Fragen plötzlich sehr komplex: Fehlt nicht all den ungenutzten Archiven der Bezug zum alltäglichen Leben, also der Realitätsbezug? Und werden sie derart nicht zum Inbegriff des perfekten abstrakten Bildes?

Oliver Kielmayer